40 Jahre Jubiläum SFG


Im Januar 1981 veröffentlichte das Bundesamt für Forstwesen im Mitteilungsblatt Nr. 5 die «Grundsätze und Prioritäten beim Uferschutz». Diese Richtlinien enthalten wichtige Gedanken, die auch für die Arbeit des UTB (Uferschutz Thuner- und Brienzersee) wertvoll sind und in vielerlei Hinsicht richtungsweisend waren. Bäche, Flüsse und Seen mit ihren Uferbereichen sind charakteristische Bestandteile unserer Landschaft. Besonders naturnahe Ufergebiete sind Lebensraum seltener Pflanzengesellschaften und zahlreicher Tierarten. Gewässer üben eine besondere Anziehungskraft auf den Menschen aus und bieten vielfältige Erholungsmöglichkeiten wie Wandern, Schwimmen und Fischen.

Aufgrund der hohen Nachfrage nach Grundstücken am Wasser, sowohl für Wohn- und Ferienhauszwecke als auch für industrielle Anlagen, treten häufig verschiedene, widersprüchliche Nutzungsansprüche in Konflikt. Daher ist eine Priorisierung unerlässlich, wie sie bereits im geltenden Bundesrecht festgelegt ist.



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Kanal Interlaken (Foto: Andreas Fuchs)


Die wichtigsten Regeln lauten: 

  1. Keine neuen Bauten an naturnahen Ufern: Neue Bauvorhaben an See- und Flussufern sollten nur genehmigt werden, wenn sie zwingend auf den Standort angewiesen sind und einem bedeutenden öffentlichen Interesse dienen. Die Interessen des Naturschutzes müssen in Ausnahmefällen zurückstehen.
  2. Naturschutz hat Vorrang: Besonders an naturnahen Uferstrecken muss der Schutz der empfindlichen Pflanzen- und Tierwelt vor menschlichen Störungen Priorität haben.
  3. Wiederansiedlung natürlicher Vegetation: An geeigneten Stellen soll die natürliche Vegetation wieder angesiedelt werden.
  4. Erholungsnutzung unter Berücksichtigung des Umweltschutzes: Uferbereiche sollen rücksichtsvoll für Erholungszwecke genutzt werden, wobei dem Landschaftsbild und anderen Anliegen des Umweltschutzes besondere Beachtung geschenkt werden muss.
  5. Keine Privatisierung öffentlicher Uferbereiche: Öffentlicher Besitz im Uferbereich soll nicht privatisiert werden.
  6. Übergang privater Ufergrundstücke in öffentliches Eigentum: Bei Gelegenheit sollen private Liegenschaften ins öffentliche Eigentum überführt werden, um naturnahe Verhältnisse zu erhalten oder wiederherzustellen und Erholungsbedürfnissen der Allgemeinheit gerecht zu werden.
  7. Beseitigung störender Bauten: Störende Bauten und Einrichtungen sollen bei Gelegenheit entfernt werden.


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Englischer Garten Interlaken (Fotos: Andreas Fuchs)


Umsetzung der Prinzipien im Kanton Bern 

Die Initiative für freie See- und Flussufer setzte den gesetzlichen Rahmen, um diese Grundsätze im Kanton Bern durchzusetzen. Gemeinden wurden angehalten, Uferschutzplanungen zu erstellen, die die Spielregeln zur Erfüllung des neuen Gesetzes festlegen sollten. Wesentliche Bestandteile dabei sind der Uferschutzplan und das Realisierungsprogramm.

Wie sieht die Situation nun 40 Jahre nach der Volksabstimmung im Wirkungsgebiet des UTB aus? Was wurde realisiert? Wo gibt es noch Lücken? Welche Maßnahmen wurden nicht umgesetzt und warum?



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Hüneggkurve (Foto Andreas Fuchs)



Realisierte Beispiele

Die Karte «Uferwege und Freiflächen nach See- und Flussufergesetz» im Geoportal des Kantons und eine Umfrage des Tiefbauamts aus dem Jahr 2022 dienen als Grundlage für Angaben über den Planungsstand und die Realisierung.

 

 

Die folgenden Beispiele zeigen die Vielfalt der umgesetzten Maßnahmen:

 

  • Quai Brienz: Die Wiederherstellung der vom Sturm Vivian 1990 beschädigten Quaianlage führte zu einem beeindruckenden Gesamtwerk mit verbessertem Zugang zum Wasser und hoher Aufenthaltsqualität.
  • Uferweg Oberried: Trotz knapper Platzverhältnisse wurden hier verträgliche Lösungen gefunden, die den Anforderungen des SFG gerecht werden.
  • Uferweg Niederried–Ringgenberg: Der Uferweg verläuft angepasst an das Gelände vom Entenstein nach Ringgenberg.
  • Englischer Garten Interlaken: Der verbesserte Zugang zum Wasser und zusätzliche Angebote wie ein öffentlicher Gasgrill und Wasserspiele für Kinder werten den Park auf.
  • Freifläche Fischzucht Faulensee: Dieses Projekt vereint ökologische Aufwertungsmaßnahmen und attraktive Naherholung.
  • Bonstettenpark: Mit der Umgestaltung der Parkanlage und der Schaffung einer Flachwasserzone wurde eine ausgewogene Lösung für Freizeitaktivitäten und Naturschutz gefunden.
  • Uferweg Scherzligen: Ein temporär schließbarer Durchgang durch eine Kiesumladestation ermöglichte die Realisierung dieses Uferwegs im städtischen Kontext.
  • Ländtematte Hünibach: Nach mehreren Planungsanläufen konnte dieses Projekt 2021 realisiert werden und zeigt, dass Geduld und gute Kommunikation zu erfreulichen Ergebnissen führen können.
  • Hüneggkurve: Die neugestaltete Freifläche am Fusse des Schlosses Hünegg bietet vielfältige Angebote für Besucher und neuen Lebensraum für Fische.


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Freifläche Fischzucht Faulensee (Foto: Béatrice Devènes)


Planungslücken und Pendenzen

Einige Planungsabschnitte sind noch nicht umgesetzt, und es gibt verschiedene Gründe dafür. In der Umfrage bei den Gemeinden wurden Abschnitte als «geplant, Revision USP pendent» oder «geplant, Realisierung später» bezeichnet, was auf fehlende Umsetzung oder geringes öffentliches Interesse hinweist.

 

Einige Maßnahmen und deren künftige Vorgehensweise aus Sicht des UTB:

 

  • Oberried: Der Uferweg im Resort auf dem ehemaligen «Hambergerareal» soll bis 2025 realisiert werden. Die Fortsetzung bis zur Gemeindegrenze ist umgehend zu planen.
  • Niederried: Die Uferschutzplanung befindet sich im Revisionsstatus. Es gilt, zwischen dem Abschnitt Ursisbalm bis Altes Schulhaus und dem Abschnitt bis Oberried zu differenzieren und letzteren umgehend zu planen.
  • Interlaken: Zwei Abschnitte könnten mit wenig Aufwand realisiert werden. Der Abschnitt Westbahnhof bis Lütscheren soll mit der Umnutzung des IBI-Areals realisiert werden. Die Fortsetzung vom Lütscherenweiher bis zur Kanalfähre steht nichts entgegen.
  • Därligen: Eine kombinierte Rad- und Uferwegverbindung nach Leissigen ist geplant.
  • Leissigen: Das ARA-Areal bietet großes Potenzial. Die Verbindung nach Därligen hat Priorität.
  • Spiez: Eine Lösung für die Wegführung vom Kraftwerk bis Einigen scheint sich abzuzeichnen. Die Anbindung an die Dorfstraße Einigen ist noch unklar.
  • Hilterfingen: Der Uferweg im Seegarten soll nach Vertragsablauf 2026 erstellt werden.
  • Sigriswil: Hier sind mehrere Uferwegabschnitte in der Revision. Die Gemeinde sieht sich mit Absichten konfrontiert, Hotelbauten zu Wohnzwecken umzunutzen, was den Grundsätzen des SFG widerspricht.


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Uferweg Oberried (Foto: Andreas Fuchs)


Fazit

Trotz vieler positiver Beispiele bleibt noch einiges zu tun, um den Anforderungen des SFG gerecht zu werden. Einige Massnahmen könnten problemlos umgesetzt werden, bei anderen bedarf es weiterer Planung und Anpassung der Uferschutzpläne. Das 40-jährige Jubiläum des SFG bietet einen guten Anlass, aktiv zu werden und bis zum 50-jährigen Jubiläum die Minimalanforderungen des Gesetzes zu erfüllen.



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Uferweg Niederried–Ringgenberg


Quellennachweis

Jahresbericht UTB 1947, Jahrbuch UTB 1947

1. Spring, dipl. Ing. ETH, Thun, «Zur Frage der künftigen Gestaltung der Uferzone Hünegg», UTB Jahrbuch 1951, p. 78 – 84

«Grundsätze und Prioritäten beim Uferschutz», Jahresbericht UTB 1981, UTB Jahrbuch 1981

Renato Wyss, Adjunkt beim Kantonalen Planungsamt, Bern,
«Probleme der Planung im Seeuferbereich», Jahrbuch UTB 1981, p. 63 – 68

Margrith Göldi-Hofbauer, «Uferschutzpläne nach SFG – schubladisieren oder realisieren?», UTB Jahrbuch 1996, p. 151–167



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